Mountainbike Thailand – Als Mountainbike-Guide in Chiangmai

© Ani Koprivlenska

Dies ist etwa Job Nr. 57 von mittlerweile über 120 Beschäftigungen, mit denen ich in den letzten Jahren mein Geld verdient habe. Mountainbiken in Thailand war damals ein recht neues Phänomen und ich nutzte die wachsende Popularität des Sports im südostasiatischen Land, um ein paar Monate länger zu bleiben. Für mehr Jobs und noch viel mehr Geschichten empfehle ich mein Buch ‚Whatever work(s)‘!

Whatever work(s)

Nach einem exzessiven Monat als Barmusiker auf der Insel Ko Chang hatte es mich zurück in meine Lieblingsstadt Chiangmai gezogen, 1100 km weiter im Norden von Thailand gelegen und seines Zeichens Mountainbike-Hauptstadt Südostasiens. Nach reiflicher Überlegung schien es mir sehr attraktiv, für Mountainbiken Geld zu bekommen, denn diesen Sport zählte ich ohnehin zu meinen Hobbies. Daher blieb ich so lange hartnäckig, bis mich der einzige Veranstalter ‚Chiangmai Mountainbiking‘ endlich als Guide anstellte. Ich bezog ein kleines Zimmer auf dem Dach eines Guesthouses und begann ein Abenteuer, das knapp zwei Monate dauern sollte.

Die ersten Tage waren hart. Aidan, der Boss des Ladens war sich offenbar immer noch nicht ganz schlüssig, ob er wirklich noch einen weiteren Guide brauchte, zumindest aber nicht, ob ich dafür die nötigen Fertigkeiten mitbrachte. Die anderen Guides, allesamt Thais, bangten wahrscheinlich um ihre eigenen Jobs, denn sie behandelten mich mit äußerster Vorsicht und Zurückhaltung.

Und doch wurde mir dann bereits an meinem dritten Tag die Führung der 11-köpfigen Touristengruppe übertragen. Gerade zu Anfang der Strecke gab es mehrere obligatorische Stopps, an denen den Teilnehmern schwierige Passagen angekündigt wurden. Für mich jedoch sah im dichten satten Grün des Regenwalds noch alles gleich aus und so ließ ich die Anfänger ungebremst auf eine Schotterpiste rasen. Doch nachdem ich mir während der ersten Woche im Kopf einen Plan nach dem Muster Bach, dann Kurve, dann großer Baum gemacht hatte, fand ich die Stopps, und nun begann mein neuer Job richtig Spaß zu machen.

Ich stand morgens um kurz vor acht auf, und machte ein paar Yoga-Übungen auf der Dachterrasse direkt vor meinem Zimmer, für das ich gerade mal 2 Euro die Nacht bezahlte. Allein dieser idyllische Ort war es wert, hergekommen zu sein, und ein Blick über die angrenzenden Tempel ließ mich sogar schnell die Chang-Biere und Sangsom-Whiskys vom Vorabend vergessen. Um Punkt 8 erklang aus den Lautsprechern der nahe gelegenen Schule die thailändische Nationalhymne. Das war für mich das Zeichen, mich nun schnell auf den Weg zu machen, denn kurz darauf sang eines der Schulkinder sie stets ein zweites Mal, und das war für diese Uhrzeit nun wirklich zu viel des Guten.

Mein Boss hatte mir leider keines der vollgefederten Räder seiner Flotte für die Privatnutzung geben wollen, daher hatte ich mir für 300 Baht, also knapp 6 Euro ein altes rotes Rad gekauft, das ein wenig an die Bonanza-Räder aus den 80ern erinnerte, aber natürlich made in China war. Auf dieser eigentlich fahruntüchtigen Schüssel, die ich Rotkäppchen getauft hatte, legte ich die paar Kilometer zu Aidans Laden zurück. Am Straßenrand standen bereits um diese Zeit überall dampfende Töpfe neben kleinen Thai-Frauen mit lächelnden Gesichtern, die mir den Thai-Gruß ‚Sawadee ka’ zuriefen. Manchmal folgte noch ein ‚Bpai nai?’ (in etwa: Wohin gehst Du?), auf das ich höflich die Standardantwort ‚Bpai tiao’ (Ich gehe aus) entgegnete.

Am Büro angekommen ließ ich mich jeden Morgen aufs Neue von meinen Kollegen wegen meiner Rostlaube auslachen. Oft musste ich erst mal das eine oder andere Teil wieder anschrauben. Durch meine lange Zeit in Thailand war ich bereits vertraut mit der Herumalberei der Thais zu jeder Tageszeit. Die Philosophie, die diesen Späßen zugrunde liegt, heißt Sanuk und bedeutet frei übersetzt Spaß. Für einen Thai ist das Wichtigste an jeder Tätigkeit der Spaß, den sie ihm bereitet. Und so lassen sich diese von Grund auf positiven Menschen den ganzen Tag über Dinge einfallen, um diesen Spaß auch stets bei der Stange zu halten. In Deutschland würde man dieses Verhalten wahrscheinlich einfach kindisch nennen, dort jedoch ist das Hänseln und Necken an der Tagesordnung, und es hat eine sehr erfrischende Wirkung.

Zunächst bereiteten wir dann die Bikes vor, kramten das ganze Equipment zusammen, und luden es in und auf die verschiedenen Toyota Pickups. Dann gab es Frühstück im direkt neben dem Office gelegenen Imbiss. Bereits morgens essen die Thais sehr scharf. Hatte man sich erst mal daran gewöhnt, war es eine todsichere Methode aufzuwachen, völlig gleich, wie viel man am Abend zuvor gebechert hatte.

Dann brach ich mit Aidan zu den verschiedenen Guesthouses auf, um die Teilnehmer einzusammeln. Hierbei war es mein Job, den bulligen Pickup durch die schmalen Gassen der grünen Altstadt zu lotsen. Hatten wir alle Biker auf die mit Sitzbänken bestückte Pritsche geladen, ging es zurück ins Office, wo Aidan ein kurzes Briefing gab, und schon mal versuchte herauszufinden, wie viel Erfahrung auf zwei Rädern die Leute mitbrachten. Danach starteten wir zur 45-minütigen Auffahrt auf den Berg Doi Pui, je nach Anzahl der Teilnehmer mit ein bis drei Fahrzeugen. Es ging bis auf 1600 Meter hoch, was uns für später 1200 Höhenmeter Abfahrt bescherte. Ziemlich grün und schwankend stiegen viele der Fahrer nach der kurvigen Strecke aus dem Pickup, um von Aidan jedes Mal mit den Worten ‚Welcome to my office’ in einem kleinen Waldstück begrüßt zu werden. Die Tatsache, dass er selbst sich jeden Morgen am meisten über seinen Witz freuen konnte, erhöhte meine Sympathie für ihn. Während er nun sein Briefing über Fahrtechniken und Bike-Mechanik hielt, luden die anderen Guides und ich die Räder von den Dächern der Pickups, und bahrten die Protektoren, Helme und Handschuhe auf. Dann zogen wir uns um und dehnten uns kurz.

Aidan war ein Berg von einem Mann. In Belgien geboren und in Deutschland aufgewachsen, hatte er die letzten 20 Jahre eine erfolgreiche Surf- und Kajakschule auf Hawaii betrieben, dann jedoch Abwechslung gesucht, und sie schließlich in Chiangmai gefunden. Das Mountainbike-Business in Thailand war mit seinen 4 Jahren ein relativ neues Projekt. Nachdem sein Guesthouse nicht so besonders gelaufen war, hatte er für fast ein Jahr auf eigene Faust die umliegenden Berge erkundet, und dann nach und nach all seine Touren entwickelt. Dabei hatte er neben einigen bürokratischen Hürden auch ein paar banalere zu überwinden. Mit seinem Köpergewicht hatte er auf den Strecken durch den Dschungel schon einige Rahmen das Zeitliche segnen lassen.

Nachdem alle Teilnehmer eingekleidet waren und ein Rad bekommen hatten, mussten sie auf einem mittelschwierigen Teststück demonstrieren, was sie drauf hatten. Dann teilten wir die Leute grob in Gruppen auf, und schossen los. Insgesamt wurden zehn verschiedene Touren mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden angeboten, doch die meisten kamen nur dann zum Einsatz, wenn mal wirkliche Profis dabei waren.

Nach kurzer Zeit auf Asphalt ging es dann auf Lehmboden steil bergab. Große Steine, tiefe Regenfurchen und glitschige Wurzeln tropischer Bäume machten die Abfahrt schwierig. Man musste dabei zusehen, dass man die Gruppe zusammenhielt und keinen überforderte. Meist trennte sich hier schon die Spreu vom Weizen.

Nach etwa einer halben Stunde erreichten wir den idyllischen Coffee-Shop, wo wir rasteten, und die Leute oft neu gruppierten. Man wusste nun, wem man was zutrauen durfte. Unterdessen genossen wir alle die Stille, die grandiose Aussicht auf die Kaffeesträucher aus dem offenen Sitzbereich aus Bambus, und die in Knallrosa blühenden Bäume. Für ein paar Cent gab es frischen Kaffee, der exakt dort gewachsen war, wo wir nun hinschauten. Im Café wohnte ein zahmer Hahn namens Johnny, den ich immer für ein paar Minuten auf den Schoß nahm. Es war die buchstäbliche Ruhe vor dem Sturm. Zwanzig Minuten für ein paar Anekdoten, wobei Aidan die gebrochenen Kiefer und Schlüsselbeine vergangener Touren diplomatisch ausließ. Die Leute waren an dieser Stelle bereits angefixt und scharrten mit den Hufen. Immer waren Kanadier dabei, oft Kalifornier, Deutsche, Engländer, Franzosen. Immer überwogen die Männer, und meistens guckten die Frauen an dieser Stelle der Strecke schon etwas verängstigt aus der Wäsche.

Wir stoppten dann noch kurz in einem winzigen Dorf, das von Hmongs, einem Bergvolk aus China, bewohnt wurde. Die Leute dort sprachen kein Englisch und auch nicht viel Thai. Es gab mehr Hühner und Hunde als Menschen, und dank der Abgeschiedenheit des Dorfes und dem damit einhergehenden Inzest eine Handvoll Albinos. Stets wartete ein alter Mann mit seiner traditionellen Armbrust geduldig auf uns. Jeder aus der Gruppe durfte dann auf eine aufgehängte Papaya schießen, während der Alte unsere Versuche aus seinem schrumpeligen Gesicht ungeniert belächelte.

Doch dann ging es endlich richtig los. Es gab nun weniger Pausen, kürzere Ansagen, und längere, schnellere Passagen. Die Strecke bot fantastische Ausblicke. Etwa auf halber Höhe kam man plötzlich mit voller Geschwindigkeit aus dem dichten Dschungel raus, und konnte bis weit ins Tal hinabschauen, vorbei an einer Gruppe Ehrfurcht einflößender Bäume. Dieser Anblick war derart schön, dass mir einmal ein Teilnehmer fast ungebremst von hinten ins Rad fuhr, da er nur noch Augen für die Aussicht hatte.

Die Fähigkeiten der Teilnehmer variierten stark. Mehrmals hatten wir wirklich gute Fahrer, das waren dann auch für uns Guides die besten Tage. Im besten Fall wurde ich dann mit diesen Leuten auf einen der Spezial-Trails mitten durch den Dschungel geschickt, am Liebsten auf die Strecke ‚1c‘, deren Name schon bewirkte, dass sich bei uns Guides die Haare auf den Armen aufstellten. Auf den schmalen, steilen Pfaden, auf denen laufen schon schwierig gewesen wäre, konnte sich dann jeder noch so erfahrene Fahrer seine Stürze abholen. Auf diese Strecken nahmen wir aber auch Leute mit, die zwar nicht besonders gut fuhren, dafür aber keinerlei Angst hatten, wie etwa eine Gruppe junger Franzosen mit Tattoos auf den Armen und einer starken Alkoholfahne vom Vorabend. Mehrmals überschlugen sich die Jungs spektakulär und rissen sich ihre Arme und Beine auf, sprangen jedoch immer wieder direkt aufs Rad und wollten weiter; sie schienen unkaputtbar zu sein.

Oft jedoch wurde ich auch dazu verdonnert, die Ausweichstrecke am Nachbarberg Doi Suket zu fahren, bei der es auf einem Dschungelpfad immer nur leicht bergauf und wieder bergab ging. Im Grunde hatte das mit Mountainbiking nicht mehr viel zu tun. Dort brachten wir Familien und die ganz blutigen Anfänger hin, und ich nutzte diese Tage des Cruisens durch den von Insekten sirrenden Wald zur Entspannung. An einem Morgen hatte ich eine französische Familie, mit der ich ständig stoppen musste, da die sechsjährige Tochter im Viertelstundentakt kotzen musste. Als wir gerade beschlossen hatten, der Lebensmittelvergiftung nachzugeben und unsere Unternehmung abzubrechen, zerlegte sich der Vater dann auch noch ziemlich schlimm, während er beim Fahren seine andere Tochter fotografierte. Mr. Kam, der wortkarge, aber offenbar smarte Fahrer des Pickups, der uns begleitete, stillte die Blutung nach einigen Widerworten des Franzosen mit einem Kraut, das er am Wegesrand pflückte. Dann brachten wir die lädierte Familie direkt ins Krankenhaus.

Der Endpunkt fast aller Touren lag am ruhigen, bräunlichen See Huay Tung Tao. In den schwimmenden Hütten, die festgezurrt am Ufer dümpelten, aßen wir dann große Portionen Fried Rice mit Fischsauce und Chillies, und tranken literweise Wasser. Jeder erzählte von seinen persönlichen Highlights der Tour.

In der größten Hitze, und am müdigkeitsmäßigen Tiefpunkt des Tages, mussten wir dann noch die Bikes säubern und warten, während die Fahrer die Teilnehmer zurück in ihre Herbergen brachten. Aus dem Radio dröhnte Thai-Rock, und für gewöhnlich tranken wir jeder den fünften Thai Red Bull des Tages, während wir am Straßenrand im Lärm der Rush-Hour Bremszüge wechselten und Speichen nachspannten. Zwar war dieser Teil des Tages wirklich der anstrengendste, aber er war auch auf gewisse Weise der exotischste, da ich nun nur noch von Thais umgeben war und mir fast wie ein Einheimischer vorkam. Ich lernte jeden Tag neue Wörter und meine Aussprache sorgte bei meinen Kollegen für helle Freude.

Verschwitzt und voller Öl zurück in meinem Guesthouse hatte ich es mir zur Gewohnheit gemacht, noch ein kurzes Krafttraining mit meiner Schweizer Nachbarin durchzuziehen, die Thai-Boxerin war, und sich auch schon wesentlich länger als geplant in Chiangmai aufhielt. Nach dem obligatorischen Essen eines Berges leckerer Gerichte auf dem Markt in der Nähe fand sich dann in dem gut besuchten Guesthouse meistens noch jemand zum Bier trinken, reden und feiern, manchmal öfter als mir lieb war. Im Guesthouse gab es zudem einen tollen Hund namens Krati (Kokosnussmilch), mit dem ich herumtollte, wann immer ich Zeit dazu hatte. Ich verstand mich mit den Betreibern und den Angestellten blendend und wurde nicht selten zu Abenden mit Einheimischen eingeladen.

Nachdem ich das Vertrauen meiner Thai-Kollegen gewonnen hatte, war die Crew mehr als cool. Die beiden Guides Denai und Khun Lek, seit etwa 2 Jahren dabei, fuhren für diese relativ kurze Zeit wahnsinnig gut, besonders wenn man bedenkt, dass beide vorher noch nie auf einem Mountainbike gesessen hatten. Bei einer Pause fragte ich Denai einmal, was er denn vor diesem Job gemacht habe. ‚Not much. Beer. Opium.’, antwortete er mir wortkarg. Jetzt trainierte er stattdessen jeden Morgen mit Hanteln, und stürzte sich auf seinem Bike mit der für Asiaten typischen unbewegten Miene ins Tal. Khun Lek hingegen hielt sich selbst ganz offensichtlich für den besten Mountainbiker der östlichen Hemisphäre, und sprach meist nur von seinem Sohn, dessen Geburt demnächst bevorstand. Aber die Jungs hatten mich akzeptiert, als sie merkten, dass ich keine Bedrohung für ihren Arbeitsplatz war. Sie waren stolz darauf, einen für ihre Nationalität so ausgefallenen Job zu haben, und besser bezahlt als viele andere Arbeiten war er noch dazu. Ich lernte von ihnen im Laufe der Zeit eine ganze Reihe thailändischer Verhaltensweisen, die mir das Land und die Leute wieder ein bisschen näher brachten.

An einem Tag, an dem niemand einen Trip gebucht hatte, brachen wir Guides frühmorgens zu viert auf, um eine neue Strecke zu erkunden. Mr. Kam brachte uns tapfer über Feldwege, die jeder Beschreibung spotteten, nach Chiang Dao, eine Gebirgskette etwa zwei Stunden von Chiangmai. Wir hatten unsere Rucksäcke voller Proviant, denn man konnte nicht im Geringsten voraussehen, wie lange unsere Expedition dauern würde, da wir uns auf völliges Neuland begaben. Aidan erging sich bereits in Fantasien über eine Nacht im Dschungel bei Thunfisch aus der Dose und in Flusswasser aufgelöstem Elektrolytepulver. Wir anderen waren nicht minder aufgeregt und abenteuerlustig.

Doch dann brachen wir uns einen Weg durch den tropischen Wald; wir fühlten uns wie adrenalingeladene Pioniere auf zwei Rädern. Ein alter Fußpfad der örtlichen Bauern wies uns die Richtung. Der sehr schmale Weg mit einigen großen Wurzelstufen ließ uns völlig vergessen, wo wir waren. Man musste voll bei der Sache sein, denn überall wuchs dichter Bambus, der sich hart und unnachgiebig in unsere Protektoren und Helme bohrte. Völlig zerkratzt und schweißnass erreichten wir nach einiger Zeit ein Hochplateau, und grinsten uns durch unsere Sonnenbrillen an, während uns ein Holzfäller auf seinem Arbeitselefanten passierte. Ab diesem Tag gab es also eine neue Tour im Sortiment und wir waren bei ihrer Entdeckung mit dabei gewesen.

Zeichnung von "Marco Buch" beim Mountainbiken in Thailand
© Ani Koprivlenska

 

Als die Saison etwas ruhiger wurde, betraute mich Aidan mit einer neuen Aufgabe. Da er sich nun auch noch den Markt der City-Touren erschließen wollte, sollte ich für ihn eine Tempeltour auf die Beine stellen. In jeder noch so kleinen Stadt eines buddhistischen Landes gibt es mindestens einen Tempel, Chiangmai aber verfügte aufgrund seiner Größe und seiner Tradition über unzählige dieser Gotteshäuser (Hier ein kleiner Überblick über die Tempel in Chiangmai). Meine Erkundungsfahrten durch den Smog der Stadt und bei weitaus höheren Temperaturen als auf dem Berg waren zwar anstrengender als die Downhill-Trips, aber ich entdeckte jeden Tag neue Tempel, und einer war beeindruckender als der andere. War ich am Berg kein einziges mal ernsthaft gestürzt, so schaffte ich es jedoch tatsächlich, bei einem Sprung von einem Bürgersteig über meinen Lenker zu fliegen, was zumindest einem Tuk-Tuk-Fahrer den wohl witzigsten Moment seines Tages bescherte.

Nach knapp zwei Monaten spürte ich den Drang in mir weiterzuziehen. Die Saison neigte sich ohnehin dem Ende entgegen, und ich hatte schon länger einen Meditations-Retreat in den Bergen geplant. Gespart hatte ich von den 10 Euro, die ich pro Tag schwarz ausgezahlt bekommen hatte, nicht viel, aber ich hatte eine ganze Menge neuer Erinnerungen im Gepäck und beim Mountainbiken einige Tricks dazugelernt. Mein Thai machte deutliche Fortschritte und ich war in Top Kondition. Schweren Herzens sagte ich meinen Kollegen und Aidan Lebwohl. Er sagte, dass ich jederzeit zurückkommen könne, wenn mir wieder der Sinn danach stehe, und das habe ich bis heute nicht vergessen.

Mittlerweile gibt es in Chiangmai mehrere Anbieter von Mountainbiketouren, aber Aidan scheint nach wie vor gut im Geschäft zu sein. Die Website meines Guesthouses kann ich heute kaum ansehen, da ich dann immer schnell wehmütig werde. Hund Krati ist leider vor drei Jahren gestorben, hat aber ein ganzes Rudel an Nachfahren hinterlassen. Ich komme seit Jahren nicht zum Mountainbiken, da es im Berliner Raum einfach keine Berge gibt.

Bezahlung: €10/ Tag. Arbeitsaufwand: Mittel. Gelernt fürs Leben: Thai, Kräuterkunde. Und, dass ein komplett anderes Leben möglich ist und etwa 8 Stunden entfernt liegt.

Hier gibt es noch ein weiteres vorab veröffentlichtes Kapitel aus meinem Buch ‚Whatever work(s)‘:

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7 Kommentare

  • Coole Geschichte, sehr cooler Job. Meinste heute lässt sich auch noch jemand auf einen Farang Guide ein?

    Ich bin 2010 bei so einer MTB-Tour vom Doi Suthep zum See mitgefahren. Anbieter war tatsächlich Dein „Chiang Mai Mountainbiking“, gegenüber vom Wat Phra Singh. Aidan habe ich wohl auch gesehen, in seiner ganzen Leibespracht. Er hat mich überhaupt erst überredet bei der Tour mitzufahren, eigtl. wollte ich nur ein Bike leihen und selbst den Berg hochfahren, aber als er dann auf den halben Preis runterging hab ich ja gesagt ;)

    Zum Glück waren noch 2 Türken und 1 Franzose dabei, die schon vorher mal auf dem MTB saßen und so konnten wir eine „Fortgeschrittenen-Gruppe“ machen. Dem Guide hat das auch gefallen. Die Dschungeltrails in so einem Motocross Gelände (?) ganz am Ende waren vom Allerfeinsten. Auch das Finale am See war sehr nett.

    2 Monate lang oder gar 2 Jahre lang wie die Thai Guides jeden Tag immer wieder diese Strecke zu fahren, finde ich aber schon hardcore!

    • Das ist ja witzig! Dann kennst Du das alles ja ziemlich genau. Ich weiß auch nicht, ob das heute noch mal machbar wäre. Aber ich muss da echt mal wieder vorbeischauen und die Tour 1c fahren!

  • Hey Marco, wir fliegen am Freitag und sind ganz heiß auf den Trip. Deine Beschreibungen sind sehr inspirierend :-) Wir wollen gerne so ne Mountainbikegeschichte machen. Versteh ich dich richtig, dass das Können nach einer kleinen Testfahrt beurteilt wird und dann die Tour entschieden wird. Weil auf der Homepage kann man ja verschiedene Touren buchen. Wir sind nur normale Radfahrer. (Alter 40) Nicht besonders ängstlich. Was kannst Du uns empfehlen? Ist die smugglers tour too much? LG Jana

    • Hey, Jana!
      Es sieht so aus, als hätte Aidan einiges geändert seit meiner Zeit dort. Mein Tipp: Schick ihm einfach eine Nachricht über die Seite und frag ihn. Aber normalerweise wird oben am Berg noch mal festgelegt, wer welche Tour fährt, abhängig von Können, aber auch Wollen. ;-)
      Ich wünsche Euch viel Spaß!
      Liebe Grüße,
      Marco

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