Mit dem Fahrrad quer durch Afrika!

Als mich Anselm Pahnke vor ein paar Wochen anschrieb, brauchte er nicht lange, um mich von seiner Reise zu begeistern. Er war mit dem Fahrrad auf eigene Faust einmal quer durch Afrika gefahren! Für meine Kategorie ‚Andere Verrückte‘ habe ich ihm ein paar Fragen zu diesem wahnwitzigen Trip gestellt.

„Nach starken Regengüssen in Tanzanias Westen ist an Fahrradfahren nicht mehr zu denken.“ (© Anselm Pahnke)

Wie bist Du auf die Idee zu dieser verrückten Reise gekommen?

Ich war immer schon gerne draußen in der Natur und hatte ein paar kürzere Radreisen durch Europa gemacht. Afrika hatte immer eine besondere Faszination für mich, weil auch unsere Wurzeln dort liegen. Von allen Kontinenten und Orten, an die ich denken konnte, zog es mich am stärksten nach Afrika. So intensiv, kraftvoll und lebendig. So weit weg von dem, was ich gewohnt war. Es gab so viel, was ich mir nicht vorstellen konnte. Deshalb wollte ich los. Um ein Gefühl für diesen Teil der Erde zu bekommen.

„Prachtvolle Begleitung in Burundi.“ (© Anselm Pahnke)

Ausschlaggebend war dann, dass zwei Bekannte von mir nach Afrika reisen wollten, das gab mir den letzten Impuls einen Flug nach Südafrika zu buchen, alleine habe ich mich einfach nicht getraut. Wie tief diese Reise in den Kontinent hineingehen würde, war mir damals noch nicht klar.

Wie bereitet man sich denn auf eine solche Reise vor?

Wirklich vorbereiten kann man sich auf eine solche Reise gar nicht. Denn das bewegende und herausfordernde ist ja gerade das Unbekannte. Man kann zwar eine Route planen oder Ausrüstung kaufen aber, wenn man dann dort steht, ist ohnehin alles ganz anders. Es läuft nur selten alles nach Plan und außerdem kann man gewisse Erfahrungen und Erlebnisse nicht planen, die müssen einfach geschehen.

„Im Morgenlicht erreicht uns ein kleines Boot und bringt uns ans andere Ufer des Bunyonyi-See, Uganda.“ (© Anselm Pahnke)

Ich habe solange geplant, wie ich gebraucht habe um einen Flug zu buchen und meine alte Ausrüstung einzupacken. An Routen oder ähnliches habe ich gar nicht gedacht. Ich glaube dadurch war es sogar leichter aufzubrechen. Wenn ich viel Zeit für die Vorbereitung genommen hätte, hätte ich mir nur mehr Sorgen gemacht und mich vielleicht in der Planung zu verlaufen. So kam ich dann zum Beispiel ohne Schlafsack in Afrika an, weil ich dachte, es würde dort ja heiß sein. In der ersten Nacht im Zelt waren es aber -12 Grad. Die Nacht war ziemlich kalt, aber diese Spontanität war genau was ich wollte – einfach dort sein und damit umgehen, was ist, nicht sich sorgen was vielleicht mal sein könnte.

Wie hast du die Route durch Afrika gewählt?

„Ein Sandstrum fegt über den heißen Aspalt der Sudanesischen Sahara.“ (© Anselm Pahnke)

Afrika ist riesig. Die Route hat sich nach und nach unterwegs entwickelt. Ich wusste in Südafrika nur, dass ich ein paar Wochen mit meinen Freunden Daniel und Fabi fahren wollte. Nach der unerwarteten Trennung musste ich durch die Kalahari und habe als neues Ziel Namibia gewählt. Ich bin  alleine weiter durch Simbabwe, Sambia, Malawi, Tansania, Burundi, Ruanda, Uganda, Kenia, Äthiopien, und dann durch die Sahara in Sudan und Ägypten, die sog. Ostroute. Aber ich hatte keinen fixen Plan und das war auch gut, denn sonst hätte ich mich davon unter Druck gesetzt gefühlt. So habe ich immer nur bis zum nächsten Ort, oder den nächsten Schlafplatz geschaut. Und dann stand ich schließlich über ein Jahr später im Norden nach 15.000 Kilometer.

Wo lagen die größten Herausforderungen?

Ich habe mir lange nicht das Ziel gesetzt, Afrika ganz zu durchqueren, sondern in kleinen Schritten gedacht: bis zur nächsten Stadt oder auch nur bis zur nächsten Quelle und Schlafplatz. Daher hatte ich nie das Gefühl, eine unschaffbare Aufgabe vor mir zu haben. Ich hatte keinen Druck von außen und hätte jederzeit abbrechen können. Irgendwas in mir wollte immer weiter und spüren, dass ich es doch schaffe.

© Anselm Pahnke

Aber es gab schon auch Momente wo das schwer war. Nach fast einem Jahr stand ich vor der Sahara, vor 3.000 Kilometer Wüste und wusste das wird hart. Aber das schlimmste war der Gegenwind der dort das ganze Jahr aus dem Norden bläst. So nach einigen Wochen Gegenwind, 7km/h auf einer glatten Straße, dass hältst du nur aus, wenn du im Kopf überzeugt bist. Ich glaube eine Reise wie diese, quer durch Afrika, entscheidet sich nicht über die Muskelkraft oder äußere Einflüsse, die Kraft die es braucht, kommt von woanders. Ich habe diese Überzeugung gespürt und sie hat mich in keinem Moment verlassen.

Nenn mir ein paar Deiner eindrücklichsten Erfahrungen auf der Reise.

Ich habe auf der Reise darauf verzichtet Wasser zu kaufen und mich nur von den lokalen Brunnen und Flüssen versorgt. Dabei hatte ich auch Strecken wo es knapp wurde mit dem Wasser, wo Brunnen leer oder Pumpen defekt waren. Das waren schon einschneidende Erlebnisse. Aber ich bin dankbar, denn dadurch konnte ich eine der Grundbestimmungen unseres Lebens ganz unmittelbar und intensiv erleben. Wir brauchen alle Wasser und merken erst, wie wertvoll es ist, wenn es knapp wird.

„Der Globus an meinem Fahhrad erzeugt neugierige Blicke.“ © Anselm Pahnke

Ich kam mehrere Male in Berührung mit Waffen. Wenn man mit Kalaschnikow vorher  keine Berührungspunkte hatte, merkt man erst, was für eine krasse Wirkung sie haben. Sie schaffen eine Situation die schwer zu kalkulieren ist, da sie eine Übermacht geben, in der das Kräfteverhältnis ganz und gar aus dem Ruder läuft.

Welches Land möchtest Du unbedingt noch mal besuchen?

Ich bin tatsächlich nicht der Typ, der zu Orten wiederkehrt. Wenn ich allerdings die Möglichkeit hätte, wären dass Malawi und Uganda. Beide Länder sind landschaftlich und kulturell voller Abwechslung und bereits bei der Ankunft spürt man, dass man willkommen ist. Auch Kenia ist sehr schön und dort ist es sogar erlaubt, durch die Nationalparks zu radeln – eine Giraffe vom Fahrrad zu sehen, das vergisst man wirklich nie. Aber auch mit dem Rucksack oder dem Auto sind diese Länder ganz besonders schön zu bereisen.

„Der Winter klopft an – kalte Nächte in Südafrika.“ © Anselm Pahnke

Was kannst Du denjenigen empfehlen, die eine solche Reise nun auch machen möchten?

Vertraue immer deinem Instinkt.

„Die Pyramiden von Jebel Barkal sind vollkommen verlassen.“ © Anselm Pahnke

Das erste Gefühl gibt einem Recht, danach neigt man dazu diesen Impuls zu überdenken was oft zum Ende einer Idee oder Handlung führt.  Ich vertraue immer auf mein Bauchgefühl und überquere eine Brücke erst, wenn ich vor ihr stehe.

Es war befreiend, nur mit dem Notwendigsten zu reisen. Ich hatte so wenig und war dabei so viel!

„Eine Panzergrille ist meine einzige Bekanntschaft an diesem Tag in Namibia.“ (© Anselm Pahnke)

Was hast Du über den Menschen als solchen gelernt?

Wie Menschen auf mich reagieren, liegt vor allem an mir selbst, an meinem Zugang zu ihnen. Ich habe auf der Reise mit jeder neuen Erfahrung ein tieferes Vertrauen entwickelt und konnte mich dem Kontinent und seinen Bewohnern mehr und mehr öffnen. Ich war anfangs skeptisch, das färbte ab und kam zurück. Offenheit ist eine Körpersprache, besonders wenn man sich nur über Lächeln und Handzeichen verständigen kann. Das schöne war, am Fahrrad den Menschen so nahe zu sein, dass ein Kontakt unvermeidlich ist und man immer schon in der Begegnung ist. Das hat mir viel geschenkt und dafür bin ich sehr dankbar, denn die diese Begegnungen machten die Reise unvergesslich.

„Kinder in Sambia unterstützen mich beim Flicken meines Fahrrads.“ (© Anselm Pahnke)

Ich bin mehrere Male krank geworden. Auch eine Malaria hat mich heimgesucht. Du bist dann plötzlich nicht mehr handlungsfähig. In diesen Momenten war es herzergreifend wie sich meine Mitmenschen um mich gekümmert haben. Das bereitet mir heute noch Gänsehaut.

Wann werden wir den Film sehen können und wie kann man sich den etwa vorstellen?

Der Film erzählt von der Schönheit Afrikas, von den herzlichen und offenen Menschen, denen ich begegnet bin, und der atemberaubenden, wilden Natur. Er gibt natürlich auch einen sehr ehrlichen Blick auf die Strapazen meiner Fahrradreise – ich habe weder Bus noch Bahn genutzt und darauf verzichtet, Trinkwasser zu kaufen. Denn ich wollte Afrika erleben, wie es wirklich ist. Die Geschichte veranschaulicht aber auch meine innere Reise, auf der ich lernte, mit mir alleine zu sein, und meinem Ich ganz neu begegnete.

„Mitten in der Sahara, auf der Suche nach Wasser.“ (© Anselm Pahnke)

Über Anselm Nathanael Pahnke

Nach seinem Studienabschluss in Ozeanographie und Geophysik löste Anselm seine Wohnung auf und begann seine Radreise, die ihn drei Jahre lang um die Welt führen sollte. Nach Afrika reiste er weiter in den Nahen und Mittleren Osten, durch China und über den Himalaya nach Südostasien bis nach Sydney – insgesamt fuhr er 40.000 Kilometer durch 40 Länder.

„Im fruchbaren Hochland von Burundi suchen wir einen Ort zum Zelten.“ (© Anselm Pahnke)

Seit seiner Rückkehr arbeitete Anselm daran, aus seinen persönlichen Aufzeichnungen einen Film zu machen, der die Energie Afrikas und die inneren Bewegungen einer solchen Reise zeigen. Dieser Film, „Anderswo. Allein in Afrika“, läuft ab dem 13. Dezember 2018 in über 30 ausgewählten Kinos in Deutschland.

Alle Infos zur Kinotour unter: www.anderswoinafrika.de

Mehr von Marco Buch

Ay, Chihuaha! – Mittelamerika auf dem Landweg

Meine Wochen in Mittelamerika aus dem Archiv: Als ich mich 2004 auf...
Weiterlesen

2 Kommentare

Kommentar schreiben

Deine Email wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert