Roman Warter reist in einem ausgebauten Transporter overland nach Südostasien, zu großen Teilen entlang der alten Seidenstrasse. Der österreichische Abenteurer und ich kennen uns von einer bekloppten Tour auf dem Dach eines Taxis in Myanmar vor vielen Jahren. Jetzt, da ich ihn in den sozialen Medien staunend bei der Verwirklichung eines lang gehegten Traums beobachte, musste ich ihm unbedingt einige Fragen zu dieser tollen Reise stellen!
Lieber Roman, was genau machst Du da eigentlich gerade?
Ich erfülle mir gerade meinen Kindheitstraum. Von Österreich nach Asien – Overland!
Ich habe mir ein Jahr Auszeit genommen, einen Pakettransporter zum Fernreisemobil umgebaut und bin im März von Salzburg aus gestartet. Mein Ziel ist es, auf dem Landweg entlang der Seidenstrasse und des Hippietrails in den Fernen Osten zu reisen, d.h.irgendwo in Malaysia oder Indonesien wird sich die Frage stellen, ob ich den Wagen zurück nach Europa verschiffe oder die nördliche Route über China und die Stans auf dem Landweg zurückfahre.
Welche Route hast Du Dir vorgenommen, welche Alternativen gibt es?
Ich wollte zu Beginn meiner Reise so viel Zeit wie möglich am Meer verbringen, daher habe ich von Ancona nach Patras verschifft und einen wunderbaren Frühling auf den griechischen Inseln verbracht.
Von Chios gibt es eine tägliche Fährverbindung nach Çeşme in die Türkei – das spart Kilometer und die Minifähre ist ein kleines Abenteuerfür sich. Die Türkei habe ich dann an der Südküste über Antalya bis nach Ostanataloien an den Vansee durchquert. Von dort sind es nurmehr 2 Stunden bis in den Iran.
Aktuell befinde ich mich auf der Insel Qeshm im persischen Golf. Die weitere Routenplanung verläuft über die pakistanische Grenze durch Beluchistan – entlang der afghanischen Grenze bis nach Islamabad. Dann geht es weiter in den Norden über den Karakorum Highway, vorbei am Nangar Parbat bis zur chinesischen Grenze am Kunjirap-Pass, einem der höchsten befestigtenPässe der Welt (4693 m).
Da China für Overlander einen sehr kostspieligen Guide und Permits vorschreibt, werde ich zurückfahren und die Grenze zu Indien in Armistrar überqueren. Die weitere Route ist noch nicht ganz klar – auf alle Fälle geht’s durch Indien, Nepal, Myanmar, Thailand und Malaysia nach Südöstasien.
Die Frage zu den Alternativen ist zu diesem aktuellen Zeitpunkt (leider) sehr aktuell. Die tagespolitische Situation macht es notwendig, Entscheidungen zu treffen, die sehr schwerwiegend sein können. In dieser Woche hat es bereits drei Bombenanschläge in der pakistanischen Provinz Beluchistan gegeben.
Daher habe ich mir bereits Angebote für eine Veschiffung von Dubai nach Mumbai geholt, um kein Risiko einzugehen und dieser Region auszuweichen. Ich werde auf all Fälle die Situation in den nächsten Tagen genau beobachten.
Wie ausgiebig hast Du Dich auf diese Reise vorbereitet? Was sollte man beachten, wenn man etwas Ähnliches vorhat?
Die Vorbereitung hat ca. ein halbes Jahr in Anspruch genommen. Ich habe mir bereits im Vorfeld alle Visa bis nach Indien geholt, das ist erstens einfacher im Heimatland, und zweitens spart es Stress und Wartezeit auf der Reise. Für das Fahrzeug benötigt man ein „CarnetdePassage“. Das “CdP“ist eine tempörare Einfuhrgenehmigung und wird nach Hinterlegung von 5000 EURO vom ADAC ausgestellt. Es wird speziell in Ländern auf meiner Route benötigt. In Südamerika etwa ist es gar nicht notwendig. Grundsätzlich ist die Planung und Verlauf der Reise sehr stark von den Einreisebestimmungen und Gültigkeit der Visa abhängig.
Dazu kommt natürlich noch der Umbau vom Sprinter. Ich habe vier Monate wirklich hart geschufftet und bin sogar am heiligenAbend in der Garage gestanden, um das Fahrzeug von Grund auf zum Camper umzubauen. Dazu gehört eine ordentliche Isolierung, Wasserversorgung, eine Dieselheizung, Küche, Kühlschrank, Bett, eine 300W Photovoltaikanlage und die dazugehörige elektrische Installation. Das Fahrzeug ist nun komplett autark.
Ist es zwingend nötig, Spezialfahrzeuge wie Deines zu verwenden? Oder denkst Du, man könnte diese Reise auch mit einem alten Golf bestreiten?
Ein Spezialfahrzeug ist nicht unbedingt notwendig, da die Hauptverbindungsstrassen in einem passablen bis guten Zustand sind. Ich treffe natürlich viele Overlander unterwegs. Da ist vom alten Mercedes mit mobilem Anhängerzelt bis zum vollausgestatteten Hymer-Mobil alles dabei. Manche sind auch mit dem Fahrrad oder sogar zu Fuss unterwegs. Eine alte Kiste ist vielleicht sogar von Vorteil, da auf den asiatischen Strassen andere Gesetze herrschen als bei uns in Europa und man schon mal einen Kratzer abbekommt.
Für gewisse abgelegeneGebiete und vor allem verborgene Standplätze ist ein geländegängiges Fahrzeug natürlich von Vorteil. Mein Sprinter hat z.B. eine super Bodenfreiheit. Ausserdem hab ich ihm All-Terrain Reifen, einen fetten LED-Scheinwerfer, Seiten- und Dachfenster und eine Heckleiter gegönnt.
Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist auch die schlechte Dieselqualität. Mein Sprinter hat die Abgasnorm EURO5, und der verträgt den immens hohen Schwefelgehalt des Diesels im Iran sehr schlecht. Daher habe ich 250 Liter Diesel aus der Türkei in den Iran zum „Verdünnen“ geschmuggelt.
Was waren bisher die Highlights der Reise? Und auf welche Orte freust Du Dich noch besonders?
Besonder beeindruckend ist es zu sehen, wie sich die Menschen und die Umwelt langsam verändern und sich den unterschiedlichen Lebensbedingungen und dem Klima anpassen. Das hast du in einem Flieger von München nach Bangkok überhaupt nicht.
Ganz besonders freue ich mich auf die indische Küche, auf die Himalaya Treks und Myanmar.
Mein großer Traum ist es allerdings, mit meinem eigenen Camper an einem Strand auf einer thailändischen Insel zu stehen.
Was gab es für Herausforderungen? Was hast Du durch die Reise schon gelernt?
Eine große Herausforderung ist der Verkehr, hier ist absolute Vorsicht und Passivität gefragt. Ein Fehler und die Reise wäre zu Ende. Unfälle sind hier an der Tagesordnung und die Unfallstatistik ist grauenhaft.
Als positive Herausforderung sehe ich die Freundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen. Hier wird mir als Mitteleuropäer ordentlich der Spiegel vorgehalten und ich schäme mich manchmal dafür, wie teilweise in meiner Heimat mit Fremden, die eigentlich unsere Gäste sein sollten, umgegangen wird und Vorurteile geschürt werden.
Gutes Stichwort! Wie reagieren die Einheimischen in der Regel auf Dich?
Äußerst positiv. Die Iraner sind unendlich gastfreundlich. Ich werde fast täglich zum Tee oder zum Essen eingeladen. Mit meinem Fahrzeug und dem österreichischen Kennzeichen bin ich natürlich eine riesige Attraktion. Wenn wir dann noch mehrere Overlander sind und im Konvoi fahren, hupt und winkt fast jeder.
An manchen Tagen, wenn’s mir zu viel wird, suche ich dann aber auch mal die Einsamkeit.
Was würdest Du beim nächsten Mal anders machen?
Ich würde weniger Gepäck mitnehmen. Verglichen mit den Bikern lebe ich ja im Luxus.
Bis zum Vansee hatte ich sogar meine Windsurf-Ausrüstung mit. Stell Dir mal vor, ich fahr‘ mit dem Zeug im Himalaya herum! Also hab ich es zu einem Freund nach Istanbul geschickt und werde es wohl nächstes Jahr irgendwann abholen.
Möchtest Du allen an einer solchen Reise Interessierten noch etwas mit auf den Weg geben?
Eine Overland-Reise ist unkomplizierter und einfacher als man sich vorstellt und hat mir bis jetzt im Vergleich zum klassischen Backpacken ein paar entscheidende Vorteile aufgezeigt. Hier beginnt die große Freiheit schon am ersten Tag. Ich kann mir meine Plätze selbst aussuchen, kann schlafen, kochen, essen und relaxen und dann weiterfahren, wann und wo ich will.
Mit den Apps wie park4night oder iOverlander ist es außerdem kinderleicht, einen Stellplatz zu finden.
Zum Thema Sicherheit:
Ich fühle mich in der Türkei und im Iran beim Freicampen sicherer als in Europa und lasse sogar meistens in der Nacht das Auto unversperrt und die Schiebetüre offen. Die Menschen hier lieben das Campen. In den Stadtparks, am Strand oder an Flussläufen, überall schlagen sie ihre Zelte auf. Und ich stell mich dann oft einfach dazu.
Ich muss sagen, das klingt alles fantastisch und ich glaube, Du hast mir da gerade eine großartigeneue Idee in den Kopf gesetzt! Roman, ich wünsche Dir alles Gute für diese tolle Reise! Und vielleicht sehen wir uns ja mal wieder auf einem Taxi in Myanmar!😉
Wer Roman bei diesem großartigen Abenteuer folgen möchte oder Tipps für die eigene Overland-Reise benötigt, sollte ihn unbedingt auf seinem Blog Silkroad20 besuchen.