#diyraftventure: Nicht im Fluss

Ein Floss bauen in Thailand?!

So richtig gut lief das ja diesmal insgesamt nicht an hier in Thailand. Kaum war ich in Bangkok angekommen, lag ich auch schon mit einer fiesen Grippe im Bett. Zwei Tage lang wusste ich nicht, wo vorne und hinten ist. Oder vielmehr: Ich wusste tatsächlich oft nicht, ob ich wach war oder träumte. Das kann entweder am Fieber oder aber an den russischen Pillen vom Moskauer Airport gelegen haben, deren Verpackung doch eher psychedelisch daherkam.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich für dieses Abenteuer völlig spontan meine Reise nach Brasilien abgeblasen hatte…?

Doch nach ein paar schweißgebadeten Tagen im Bett und einem spontanen Haarschnitt musste das Abenteuer Floßbau dann endlich losgehen und mein kanadischer Freund Gui und ich machten uns per Nachtzug auf nach Chiangmai, die Rucksäcke gefüllt mit Sägen, Hämmern und einem Akkuschrauber.

Wie schon zuvor berichtet, gestaltete es sich wirklich nicht leicht, die Materialien für den Bau unseres Flosses zu finden. Doch nachdem wir zufällig am Straßenrand außerhalb von Chiangmai die benötigten Kanister aufspürten, erhielten wir über Freunde von Freunden auch endlich den Geheimtipp, wo das Holz zu kriegen war.

Was uns jedoch nach wie vor fehlte: Wasser. Für eine Floßfahrt ein doch eher essentieller Bestandteil.

Erste Erkundungsfahrten hatten gezeigt, dass der Mae Ping recht wenig Wasser führte. Der neue Plan daher: Unsere Reise weiter südlich zu beginnen. Je mehr Seitenarme sich dem Ping anschlossen, desto größer und tiefer musste er ja wohl werden.

Wasser oder kein Wasser – Das ist hier die Frage

Zuversichtlich machten Gui und ich uns auf in Richtung Lamphun. Die angemieteten 125er Mopeds machten eine Menge Spaß und auf weiten Teilen der Strecke waren wir die einzigen Menschen. Die Sonne streckte ihre Fühler durch die allgegenwärtige Dunstglocke und die Bourgainvilleen blühten um die Wette. Hier und da ein toller Tempel.

Tempel in Chiangmai

Ein paar Kontrollblicke in Richtung Fluss liessen jedoch wieder nichts Gutes verheißen.

Doch kurz hinter dem Zusammenfluss des Kuang mit dem Ping dann plötzlich ein toller Moment. Denn hier sieht der Ping tatsächlich so aus, wie ich ihn mir vorgestellt habe: Breit, ruhig, idyllisch. Als sauber jedoch konnte man ihn wirklich nur dann bezeichnen, wenn man nicht so genau hinschaute.

Mae Ping Fluss und grüne Böschung

Plötzlich waren sie wieder da, alle unsere Pläne. Wir drei, bärtig und wild, im Survival-Style wochenlang den Fluss runter. Ich konnte es wieder spüren! Und auch Gui stand das Abenteuer ins Gesicht geschrieben.

Doch keine drei Kilometer flussabwärts wurde klar: Diese breite Stelle ist die absolute Ausnahme. Nur ein paar Biegungen weiter sah der Ping aus, als wäre er fast völlig ausgetrocknet. Von Schlingpflanzen, kleinen Dämmen und anderen Hindernissen ganz zu schweigen.

Fluss und Böschung

Gui fasste in Worte, was wir beide wussten: „It’s not gonna work.“

Wir hielten kurz Rücksprache mit John in Bangkok, der mittlerweile in Erfahrung gebracht hatte, dass Nordthailand die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten durchmachte. Alles lief darauf hinaus, dass das so alles nichts werden würde.

Down the drain

Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass ich nach all unserer verzweifelten Suche nach Wasser am frühen Abend in mein Zimmer trat und feststellte, dass dort knöcheltief die Suppe stand. Auch die Thais im Guesthouse konnten sich das nicht erklären.

Nachdem wir unsere Enttäuschung über das gescheiterte Projekt bei einer Partynacht in Chiangmai zu vergessen versucht hatten, fand ich am nächsten Tag noch mehr Wasser, wo es nicht hingehörte: In meinem linken Ohr. Ein kurzer Besuch im Chiangmai Ram Hospital bestätigte eine bakterielle Ohrenentzündung. So langsam war es selbst bei meiner positiven Grundhaltung schwierig, nicht unseren gesamten Plan anzuzweifeln.

Man konnte das alles nur noch mit drei Worten zusammenfassen, die in den letzten Tagen herrlich doppeldeutig geworden waren: Nicht im Fluss. Will meinen Flow.

Was macht man also, wenn man das Gefühl hat, dass einfach alles nicht so läuft, wie es laufen sollte? Ich bin der festen Überzeugung, dass man für seine Ideen kämpfen sollte, auch und gerade gegen mögliche Widerstände. Liegen die Zeichen jedoch so klar auf der Hand und sprechen so deutlich gegen diese Ideen, dann muss man sich vermutlich nach Alternativen umsehen.

Was nun?

Seit Mittwochmorgen sind John, Gui und ich  in einem unscheinbaren Toyota-Mietwagen unterwegs. Das Ziel: Süden. Die Mission: Thailand in seiner gesamten Länge durchqueren und immer dort anhalten, wo es sich gerade gut anfühlt.

Marco Buch, Guillaume Duranceu-Thibert und John Lovejoy vor Geschäft in Chiangmai

Der Hashtag #diyraftventure hat sich damit fürs Erste erledigt. Besonders, seit wir gesehen haben, dass selbst der vermeintliche See Doi Tao, in unserer Vorstellung und auch auf Google Maps ein beeindruckendes Gewässer, momentan nicht viel mehr ist als ein Rinnsal.

Sonnenuntergang am Doi Tao See bei Trockenheit

Natürlich ist es schade, unser Projekt erst mal zu den Akten zu legen. Aber wir machen das Beste daraus. Und ich werde Euch wie gewohnt mit Fotos, Videos und Geschichten davon erzählen!

Alles passiert aus einem Grund, und irgendwann wird man diesen auch erkennen. Der Papaya-Salat schmeckt hier gewohnt vorzüglich und Thailand zählt noch immer zu meinen absoluten Lieblingsländern. Wie es Menschen auf meiner damaligen Weltreise immer wieder gern zusammenfassten: „Things could be worse. A lot worse!“

#gowiththeflow

Schild in Chiangmai

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