13 Dinge, die ich alleine unter Modejournalistinnen gelernt habe

Neulich nahm ich an einer fünftägigen Pressereise in Tunesien teil. Nicht zuletzt der Fokus der Reise, die Fashion Week in Tunis, resultierte darin, dass ich mich als einziger Mann in einer sechsköpfigen Gruppe von Journalistinnen wiederfand. Nachdem die Damen aber verstanden hatten, dass ich im Grunde recht umgänglich und im Herzen eigentlich Feminist bin, hatten wir eine entzückende Zeit zusammen. In der ich ein paar Dinge lernte, von denen ich bis dato noch nichts gewusst hatte – vom Umgang mit Haargummis bis hin zum momentanen Stand der Gender-Debatte. Die pikanten Details behalte ich – Gentleman, der ich bin – natürlich für mich, doch hier sind meine wichtigsten jugendfreien Erkenntnisse:

1. Der Cheerleader-Effekt

Als sich meine Begleiterinnen ein bißchen dafür schämen, es aber letztlich doch nicht abstreiten können, ein paar tunesische Soldaten in ihren knappen Uniformen sexy zu finden, lerne ich, dass dies nicht zuletzt auf den sogenannten Cheerleader-Effekt zurückzuführen ist. Ganz wie Männer beim Anblick einer Gruppe Cheerleader fast schon automatisch dahinschmelzen, funktioniert das wohl auch umgekehrt mit diesen durchtrainierten Sondereinsatzkommandos, die hier gerade schwerbewaffnet eine jüdische Prozession bewachen. Die Theorie des Cheerleader-Effekts besagt, dass das Individuum dabei gar nicht mal gut aussehen muss. Es ist die gleich gekleidete Masse, die Attraktivität versprüht. Wenn man mich fragt: Eine faule, wenngleich eloquente Ausrede! Und doch hat sie prominente Unterstützer:

2. Do not say cheese!

Da man in einer emanzipierten Welt dazu übergegangen ist, lächeln bei Frauen als unterwürfig einzustufen, gehört es heute auf europäischen Laufstegen zum guten Ton, immer leicht grimmig dreinzuschauen. Verständlich, aber doch auch etwas schade.

3. JOMO ist das neue FOMO

Gerade für mich, der auch im gesetzten Alter noch konstant mit seiner FOMO (Fear of missing out) zu kämpfen hat, ist dieses neue Konzept, das mir Anna und Joanna vom Blonde Magazine in ihrer letzten Ausgabe zeigen, fast schon eine Verheißung. Denn JOMO (Joy of missing out), also gerade die Freude daran, Dinge zu verpassen und sich stattdessen auf ein simpleres Leben zu besinnen, scheint das neue große Ding zu werden. Und damit bin ich ganz schön down!

4. Gummis

Während wir am Flughafen in Djerba auf den wieder mal verspäteten Flug warten und dabei leckeres Celtia-Bier trinken, kommt die Sprache auf Haargummis. Auch für mich, der die Haare länger trägt als zwei der Mädels, ein durchaus relevantes Thema. Das jedoch erstaunlich schnell abgehakt ist: Die spiralförmigen Haargummis reißen mehr Haare aus und brechen die Spitzen ab. Konsens. Als ich zweifelnd auf meinen neonpinken Haargummi aus dem 1-Euro-Laden deute, bekomme ich Entwarnung: „Der ist total OK.“ Puh.

5. Der Unterschied zwischen Mann und Frau

Doch, sie hat es gesagt. Während man mir gerade den Begriff Blowout erklärte, der für das Glätten der Haare durch Föhnen steht, hat Celina diesen Satz gesagt: „Meine Haare sehen direkt nach dem Friseurbesuch einfach immer besser aus .“ Whaaaat?! Ich persönlich sehe nach dem Friseur meistens so schlimm aus, dass ich mir gerne sofort eine Glatze rasieren würde. Sollte er das wohl sein, der große Unterschied zwischen Mann und Frau?!

Modejournalistinnen in Tunesien
Auch das war mir neu: Nur knapp 66,6 % aller Frauen können heutzutage noch anständige Kaugummiblasen machen…

6. Sunglasses at night

Erst am dritten Abend lerne ich die Regel Nummer 1 für Fashion Weeks, die nicht gerade in Rom oder Paris stattfinden. Als Modejournalist in der Front Row hat man im Grunde nur eine Chance, langweilige Defilées zu ertragen: Sonnenbrille auf und wegdösen.

Fashion Week Tunis 2016: Marco Buch beim Defilee
Läuft! (© Fashion Week Tunis)

7. Das Prinzessinnen-Phänomen

Eine wundervolle Terrasse mit Blick aufs Meer in Sidi Bou Said. Blumenbewachsene Gärten, ein sprudelnder Brunnen, Nebelschwaden umspielen die Berge im Hintergrund. Und was sagt die zierlichste meiner Begleiterinnen? „Hier würde ich mich als Prinzessin einsperren lassen!“ Um sich dann direkt für diese, im wahrsten Sinne des Wortes, märchenhafte Aussage zu schämen. Meine Lektion: Frauen sagen tatsächlich manchmal einfach solche süßen Dinge. Und ich persönlich finde, sie sollten sich dafür nicht eine Sekunde lang schämen!

Der Ausblick vom Hotel 5 Etoiles
Wer würde da nicht schwach werden?

8. Der Fluch der Emanzipation

Mir ist bisher nicht klargewesen, in welch permanentem Zwiespalt sich die meisten modernen Frauen heutzutage befinden. Sie wollen Frau sein – feminin, attraktiv und auch mal schwach. Zur gleichen Zeit aber wollen sie sich in der nach wie vor männlich dominierten Welt durchsetzen, und eben nicht auf ihr Aussehen reduziert werden. Kurz gesagt: Sie wollen nicht, dass man ihnen nachpfeift, aber wenn es keiner tut, fragen sie sich, warum das so ist. Tatsächlich bestimmt dieser Konflikt ihren Alltag von morgens bis abends, und resultiert zum Beispiel auch in Zweifeln, ob man die hohen Schuhe nun anziehen soll oder nicht. Vielleicht ist es an der Zeit für eine neue Definition von Emanzipation.

9. Dreifaltigkeit

Da muss man erst mit Frauen reisen, um zu lernen, wie man Männerklamotten entknittert! Ein vom Flug völlig faltiges Jacket etwa lässt sich mit einem simplen Trick aufhübschen: Das Jacket im Bad aufhängen und dann für eine Weile heiß duschen. Der Dampf aus der Dusche wirkt hierbei wie ein Steamer, und das Jacket sieht nach dem Duschgang aus wie frisch aus der Reinigung.

10. Schafstage

Wusstet Ihr, dass viele bekannte Modefirmen sich mittlerweile ihre eigenen Schafe halten, damit sie sich bei der Wollbeschaffung den Mittelsmann sparen können? Well… Jetzt wisst Ihr es! 😉

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11. Beine breit

Ein weiteres Gender-Phänomen, das komplett an mir vorbeigegangen ist: #Manspreading. Will meinen: Männer, die besonders in öffentlichen Verkehrsmitteln mit allzu breiten Beinen dasitzen. Seit einer Kampagne der New Yorker Verkehrsgesellschaft gegen dieses störende und von vielen als sexistische empfundene Phänomen hat sich der Begriff verselbständigt. Innerhalb von sechs Monaten wurde der Begriff im Netz so oft verwendet, dass das „Oxford Dictonary“ ihn in seine Onlineausgabe aufnahm. Also aufgepasst, Männer: Sitzt ihr mal wieder zu breitbeinig da, kann ein Foto von Euch schnell in den sozialen Medien landen, versehen mit diesem Hashtag of shame: #Manspreading Und mal ehrlich: Keiner von Euch muss wirklich so breitbeinig sitzen, also benehmt Euch einfach!

12. Auf ein Klischee

Beim Rückflug erzählen mir die Mädels von einer Studie, die besagt, dass man sich beim Security Check immer an jener Schlange anstellen sollte, in der weniger Frauen stehen. Denn in dieser Schlange gehe es statistisch gesehen deutlich schneller. Warum genau das so sein soll, können sie mir jedoch nicht wirklich erklären. Und doch glauben sie das, was für mich eher nach einem billigen Klischee klingt.

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13. Die Lösung aller Probleme

Nach fünf Tagen inmitten von Frauen ist mir besonders eines klargeworden: Oft meinen sie dasselbe wie wir Männer, kleiden ihre Meinung aber in ganz andere Worte. Und so finde ich, kurz bevor ich im Flugzeug in einen tiefen Erschöpfungsschlaf falle, tatsächlich auf den letzten Drücker noch die ultimative Formel, mit der sich vermutlich viele Streite zwischen Mann und Frau vermeiden lassen. Mitten in einer hitzigen Diskussion sage ich zu Anna: „Weisst Du was? Ich glaube, wir sind eigentlich derselben Meinung!“ Ende der Diskussion, alle glücklich.

Modejournalistinnen in einem Hotel in Tunesien
Und wenn man noch eines von Frauen lernen kann: Entdeckt man irgendwo einen Pool, dann macht man sich erst mal locker!

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