On the road – Tourguide in den USA

Yosemite National Park

Aus dem Archiv: Noch mehr Anekdoten meiner Zeit als Tourguide in den USA. Viel Spaß!

Juni, 2004: Auf den Spuren des guten alten Jack Kerouac wandle ich durch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Allerdings habe ich, bisher zumindest, noch nicht den ganzen Kontinent in drei Tagen durchquert. Ich muss jedoch gestehen, dass ich die Staaten unterschätzt habe. Zum einen was die Größenverhältnisse angeht, zum anderen die Vielfalt und Schönheit der Landschaften.

San Francisco

Ich habe meinen ersten Trek hinter mir, auf dem ich allerdings nur als Assistent des Senior-Tourguides Ritchie aus Holland fungierte. Letzten Samstag shuttelten wir den Van von San Fran nach LA, was uns neun Stunden kostete, da wir unterwegs ein riesiges Buschfeuer umfahren mussten. Dann ein paar Stunden Schlaf im Van und eine kurze Autowäsche, bevor wir unsere Leute vom Hotel abholten. Da noch ein weiterer Van dieselbe Tour fuhr, beschlossen wir, einander hinterher zu fahren, was die Vielfalt an Nationalitäten in der Gruppe noch erhöhte: Schweizer, Engländer, Australier, Tschechen, Deutsche, Schotten, und sogar ein Mädel aus Japan. Alter: von 16 bis 61, kein Witz!

Los Angeles

Wir besichtigten den Walk of Fame und ein paar Villen in Beverly Hills und stoppten zum Lunch in Venice Beach – ’nut central‘! Muskelpakete trainieren am Strand, Ghettokids liefern sich mehr Wortgefechte, als dass sie Basketball spielen, und die Augen aller Durchreisenden sind auf der ständigen Suche nach einem Star, oder bloss nackter Haut.

Joshua Tree National Park

Nach dieser Überdosis von Eindrücken war es mehr als erholsam, die Nacht im Joshua Tree National Park zu verbringen. Der wohl beste Part meines Jobs ist, dass alle Trekleader auf dem Dachgepäckträger ihres Vans schlafen, direkt unter den Sternen, womit ich an diesem Abend begann. Joshua Tree bietet unzählige Motive für Fotos, besonders schön sind die grossen glatten Felsen und die Joshua Trees selber, die es nirgends sonst gibt, und die Bono seinerzeit zum gleichnamigen Album inspiriert haben. Zwischen den Bäumen stehen unförmige Kakteen, mit Glück bekommt man einen Coyoten oder eine Känguruhratte(!) zu Gesicht. Über unseren Köpfen kreisten majestätische Raubvögel. Nach ein paar picturestops fuhren wir weiter in Richtung Osten und überquerten die Grenze zu Arizona.

Lake Havasu und Colorado River

Unterhalb des Lake Havasu, eines Stausees des Colorado River schlängelt sich eben dieser in sanften Kurven blau glänzend durchs Land. Wir hielten an einem Ort, den man auf den ersten Blick wohl eher als Oase in Ägypten eingestuft hätte, und wuschen uns den kalifornischen Staub von den Körpern. Dabei immer die röhrenden Speedboote im Augenwinkel, die das Idyll ein wenig trübten.

Route 66

Am Abend liefen wir in Seligman ein, einem kleinen Kaff direkt an der legendären Route 66, die von Chicago bis nach Santa Monica reicht. Einige Nostalgiker lassen hier mit Oldtimern und auf alt getrimmten Häusern und Werkstätten das Straßengefühl der 60er Jahre wieder auferstehen. In Wirklichkeit verlaufen mittlerweile zahllose Highways parallel zur guten alten 66, sodass man auf ihr nurmehr Möchtegerncowboys auf gemieteten Harleys zu Gesicht bekommt. Sehr beeindruckend jedoch die Strassen, die man eigentlich ohnehin schon im Kopf hat, wenn man an Amerika denkt. Kilometerweit geradeaus, niemand ausser man selbst, und am Strassenrand nichts ausser Berge, Sand und Pflanzen, die offenbar hart im Nehmen sind. Direkt neben unserem Campingplatz lag eine Bahnstrecke. Ich wurde nachts wach von einem Zug, der von vier Loks gezogen wurde und für etwa zehn Minuten Wagen um Wagen ratternd an mir vorbeizog. Über dem Zug und mir Tausende von Sternen, was für ein Panorama!

Grand Canyon

Am nächsten Tag erreichten wir den Grand Canyon, eines der sieben Weltwunder. Mit einer Breite von bis zu 13 Meilen und einer Tiefe von etwa 1,5 Kilometern ist dieser Riss in der Oberfläche ein wirklich beeindruckender Anblick. Wir wanderten entlang der Kante und jede Kurve bot neue, berauschende Perspektiven. An einigen Stellen konnte man in der Ferne sehen, wie sich der blaue Colorado durchs Tal wälzte und dabei grosse schaumige Wellen aufwarf. Einige unserer Passagiere hatten einen Helikopterflug gebucht und in der letzten Minute liess mich die Flugfirma doch noch zum Tourguide-Preis mitfliegen, 30 Minuten für 6 Dollar! Sehr, sehr cool, insbesondere der Moment, in dem der Heli nach fünfminütigem Flug über glatten Wald die Kante zum Canyon passierte. Der König unter den Canyons zeigte sich uns in vielen verschiedenen Rottönen, da die Sonne bereits zu sinken begann. Nach der Landung dann beeilten Ritchie und ich uns, Pizza zu besorgen, die wir dann beim Sonnenuntergang direkt am Canyonrand verzehrten. In vielen Läden im nahegelegenen Tusayan kann man fette, konservierte Taranteln in Glaskästen kaufen. Gluecklicherweise blieb uns der Anblick dieser Riesenspinne, wie sie leibt und lebt, aber erspart. Jedoch musste ich aus dem Zelt dreier hysterisch kreischender Schottinen am Abend eine grüne Spinne von recht ansehnlichen Ausmassen entfernen, und dabei so tun, als hätte ich weniger Angst vor ihr als die mir mit verzerrten Gesichtern zuschauenden Mädels!

Las Vegas

Durch die Mojave-Wüste bahnten wir uns am folgenden Tag unseren Weg nach Nevada, in die Stadt der Sünde, die Stadt der Lichter, die Stadt der Städte, LAS VEGAS! Auch das hatte ich mir alles ein wenig kleiner vorgestellt. Die Pyramide etwa steht den Mixteken-Pyramiden in Mexiko größenmäßig in nicht viel nach. Der Eiffelturm misst immerhin ein Drittel seines Originals. Auf den Kanälen des „Venetian“ rudern in Venedig ausgebildete Gondolieri kalkweisse Touristen durch die Gegend, und selbst in jedem Supermarkt stehen Slotmachines; sollte man noch nicht genug Dollars verjubelt haben. Ein absolut kranker Ort! Eine Überdosis an Eindruecken. Und doch weiss ich schon jetzt, dass ich dort noch mal hin will!

Gegen Abend wurde unsere komplette Gruppe von einer Limousine auf Basis eines Ford Excursion abgeholt. Abgesehen vom Fahrer waren wir somit 28 Passagiere! Stroboskope und diverse Subwoofer liessen endgültig vergessen, dass man sich in einem Auto befand.

Ritchie und ich hatten massenweise gekühlte Getränke besorgt, und so nahm der Abend seinen Lauf. Er endete inmitten des New York, New York, eines riesenhaften Casinos, in einer kleinen Pianobar, in der zwei wahnwitzige Pianisten jeden noch so ausgefallenen Song spielten, vorausgesetzt, der Wunschzettel war mit genügend Dollarnoten gespickt.

Death Valley

Nach sehr wenig Schlaf, den ich allerdings in meinem ersten richtigen Bett seit meiner Ankunft genoss, brachen wir auf in eine Region, die mir bezüglich meiner körperlichen Verfassung die wohl unadäquateste ueberhaupt erschien: Death Valley. Auf kerzengeraden Strassen durchquerten wir dieses Tal mit seinen salzverkrusteten, in der Hitze flimmernden Ebenen und seinen wie zufällig dahingeworfenen Sanddünen. Fuer Death-Valley-Verhältnisse war es mit 33 Grad recht frisch. Nach kurzen Stops in Badwater, dem mit -83 m tiefsten Punkt der USA und dem unwirklich schimmernden Monolake, bahnten wir uns unseren Weg über das Bergmassiv, dass uns von milderen Temperaturen und üppigerer Vegetation trennte. Um den Motor nicht zu überhitzen, mussten wir bei dieser Steigung die Klimaanlage ausschalten, sehr zur Freude aller Beteiligten!

Nachdem wir unser Lager aufgeschlagen hatten, fuhren wir dann zu natürlichen Pools am Waldrand, die von heissen Quellen gespeist werden, und badeten unsere geschundenen Leiber.

Yosemite National Park

Der nächste Tag bot eine neue Überraschung. Um den Yosemite National Park zu erreichen, mussten wir den Tioga-Pass überqueren, auf dem allen gleissenden Sonnenstrahlen zum Trotz Schnee lag. Nach einem halbstündigen snowball fight liefen wir dann ein in Yosemite, der Mutter aller Nationalparks. Jedoch habe ich bisher wohl nur an der Oberfläche dessen gekratzt, was dieser wundervolle Park zu bieten hat. Riesige glatte Felsen werden umwuchert von Wäldern aus Sequoia-Baeumen, die bis zu 2000 Jahre alt sind, und die grössten Lebewesen dieser Erde darstellen. Tosende Wasserfälle stürzen sich in sattgrüne Taeler. Mit sehr viel Glück kann man einen Schwarzbären sehen. Ich jedoch hatte nur die Ehre mit einem ausgestopften Exemplar im Vistors Center.

Napa und Sonoma Valley

Der letzte Tag war sehr relaxed und führte uns in die Weingüter des Napa und Sonoma Valley, nicht weit vom Campingplatz, den ich momentan mein Zuhause nenne. Auf ebendiesem verbrachten wir dann auch die letzte Nacht. Da ich nun endlich meine Gitarre wiederhatte, rockten wir bis in den Morgen am Lagerfeuer. Zum Schluss sass dort ausser mir nur noch ein Trucker aus dem mittleren Osten, der mit Inbrunst jedes Stück von Pearl Jam und jeden Jack-Johnson-Tune mitsang.

Am Sonntag fuhren wir unsere Passagiere zu ihren Hotels in San Francisco, und nutzten die Gelegenheit fuer eine weitere City-Tour. Auf der Haight Ashbury Street, der legendären Heimat aller Hippies in den Sechzigern, fand coolerweise gerade ein Fest statt. Und zwischen all den Ständen mit dampfendem Essen, Bühnen voller übriggebliebener Blumenkinder mit abgehalfterten Gitarren und verblichenen Tattoos, und unzähligen Freaks mit lächelnden Gesichtern merkte ich: Ich bin ein  Hippie!

Macht ja nix.

Jetzt bin ich jedenfalls zurueck in Sonoma County, und lerne für meine Führerscheinprüfungen, die ich noch diese Woche machen möchte. Und dann kann es eigentlich losgehen, jedoch scheint die Buchungslage etwas mau. We’ll see. Wenn ich dieses WE noch nicht wegkomme, habe ich schon eine Mitfahrgelegenheit nach Santa Cruz, und dort lässt es sich bestimmt ein paar Tage aushalten!

Hier gibt es noch mehr Erlebnisse während meiner Zeit als Tourguide. Und hier habe ich alle Tipps gesammelt für den perfekten Road Trip durch Kalifornien, Arizona und Nevada.

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