Der Hundeflüsterer von Langkawi

Als Jeff seine Geschichte darüber beendet hat, wie alles begann, muss ich eine Träne verdrücken. Kein Wunder, dass dieser berührende Moment ihm damals zu verstehen gab, dass seine Bestimmung in der Tierwelt liegt.

Jeff Arrifin war 16, als seine Familie innerhalb Malaysias umzog, das neue Haus lag einige hundert Kilometer entfernt. Während des Umzugs ließen sie seine Hündin Lulu zunächst bei der Tante am alten Ort. Doch nur kurz nach ihrer Abreise lief sie ganz überraschend davon. Jeff war entsetzt, reiste direkt zurück und wartete über einen Monat darauf, dass Lulu zurückkehrte. Leider vergeblich, und so zog er schließlich zu seinen Eltern.

Am neuen Wohnort spielte er viel mit den Hunden der Nachbarn, aber kam über den Verlust von Lulu nie wirklich hinweg. Eines Abends jedoch, knapp vier Monate nach dem Umzug, vernahm er ein vertrautes Bellen und wollte seinen Ohren nicht trauen. Doch tatsächlich: Vor der Tür stand Lulu! Sie musste die komplette Strecke gelaufen sein. Geradezu unerklärlich, wie sie ihr Herrchen über diese weite Entfernung aufgespürt hatte.

Jeff badete Lulu und pflegte ihre von der langen Wanderung mitgenommenen Pfoten. Dann verschlang sie drei Dosen Futter hintereinander. Als er sich, sein Glück noch immer kaum fassend, mit Lulu vor dem Fernseher niederließ, leckte sie ihm liebevoll übers Gesicht, bellte kurz und schlief dann ein. Als der Film zu Ende war, musste er jedoch feststellen, das sie nicht mehr lebte. Sie war den ganzen Weg offenbar nur gelaufen, um neben ihrem engsten Vertrauten zu sterben.

Der Abenteurer und sein Rudel

Jeff, ich und ein paar seiner Helfer sitzen auf dem steinernen Boden seines Hauses in Kuah, als er mir diese unglaubliche Geschichte erzählt. „She was trying to tell me something,“ beendet er sie nachdenklich. Und er hörte hin. Heute ist Jeff der einzige Tierverhaltensforscher auf der Insel Langkawi, und kümmert sich aus freien Stücken um mehr als 60 Straßenhunde.

Schild an Gitter
‚MANY dogs‘ würde die Sache besser treffen!

Vierzehn davon leben mit ihm im Haus und während des Interviews stehen und liegen sie nun wild verstreut um uns herum. Vor unserem Gespräch galt es zunächst, die Kennenlern-Zeremonie zu absolvieren. Hierzu musste ich mich auf den Boden setzen, dann wurden alle Hunde auf einmal in den Raum gelassen. Für mich als absoluter Hundeliebhaber ein toller Moment!

Zwischen den Hunden in allen Größen und Formen findet sich auch immer mal wieder eine Katze; von denen gibt es hier etwa 25. Dazu im Garten noch Enten, Gänse sowie eine Schildkröte. Wilde Affen kommen einmal am Tag zum Essen. „Ah, and that bloody lazy Hamster!“, lacht Jeff nun wieder. Man merkt, er fühlt sich wohl in seinem kleinen Zoo.

Jeff Ariffin

Jeff ist ein charismatischer Typ, ansteckend positiv und inspirierend. Der energiegeladene, drahtige Mann hat viele Anekdoten von Extremsportarten und Abenteuern zu erzählen. Er hat dunkle Höhlen durchklettert und wilde Flüsse im Kayak bezwungen. Er hat sogar einen Basejump von den Petronas Towers in Kuala Lumpur gewagt. „I love adventure things. I consider myself an explorer!“ Doch sein größtes Steckenpferd sind seit jenem bewegenden Erlebnis mit Lulu die Tiere. Jeff verdingte sich zwar einige Jahre lang als Buchhalter, aber das im Grunde nur, um sein Studium über Tierverhalten zu finanzieren, von dem er große Teile in Kalifornien absolvierte.

Ein Ziel: Respekt vor Tieren

Seit Jeff auf der malerischen Insel Langkawi lebt, nutzt er sein Wissen, um bei der ‚Lassi Organisation‘ als Freiwilliger zu arbeiten. Die NGO kümmert sich um die Straßentiere der Insel. Gerade Hunde haben es im mehrheitlich muslimischen Malaysia nicht leicht. „They are at the same levels as rats“, bemerkt Owen aus Honduras, der Jeff gemeinsam mit seiner kanadischen Freundin Dakota bereits seit vier Monaten ehrenamtlich zur Hand geht. Und so werden die meisten von der Organisation aufgegriffenen Welpen auch direkt eingeschläfert, da es in der Bevölkerung kaum Interesse gibt.

Jeff begann daher schon früh, Hunde bei sich zu Hause aufzunehmen. Besonders die problematischen interessierten ihn, denn bei ihrer Rehabilitierung konnte er sein ganzes Wissen anwenden. Mittlerweile hat er sich ein ganzes Rudel aus traumatisierten Hunden aufgebaut. Er kennt den Namen jedes einzelnen, und das liebevolle Verhalten der Vierbeiner ihm gegenüber spricht Bände.

Jeff Ariffin mit Hund

„My method is 3R: Rescue, rehab, release/rehome“, erklärt er mir. Nach der Rettung von der Straße folgt die Pflege. Dank seines guten Verhältnisses zur örtlichen Tierklinik werden alle Hunde auch direkt sterilisiert. Danach wird das Tier wieder ausgewildert oder er findet ihm ein neues Zuhause. So versucht Jeff, auch den Welpen ohne Chance noch ein Leben zu ermöglichen. Er wildert sie in einem der drei Tempel aus, die er mit seinen freiwilligen Helfern versorgt. Sterben sie dort einen natürlichen Tod, dann ist das immer noch besser als die Spritze.

Frau mit Hundewelpen
(© by Dakota)

Jeff arbeitet als Pet-Sitter und Tourguide, nebenher vermietet er Schlafplätze in seinem Haus über AirBnB. Doch seine gesamten Einnahmen gehen direkt wieder für seine geliebten Tiere drauf, zwischendurch muss er sogar noch seine Ersparnisse anzapfen.

Tag ein, Tag aus versorgt er zunächst die Hunde bei sich im Haus. Dann geht es mit den Helfern auf die Tour zu den zwei buddhistischen sowie dem einen hinduistischen Tempel, wo eine Menge Hunde gewaschen, von Zecken befreit und gefüttert werden wollen. Zwischendurch findet Jeff sogar noch Zeit, an Schulen Aufklärung über Tierverhalten zu betreiben. Er möchte besonders Kindern eine Maxime beibringen: „Even if you don’t like animals, don’t harm them.“ Denn allzu oft quälen Kinder hierzulande gerade Hunde zum Spaß. Das musste auch die sehr scheue Hündin Mika am eigenen Leib erfahren, die als kleiner Welpe fast zu Tode gesteinigt wurde, und die sich gerade von Jeff den Kopf streicheln lässt. Jeff bemerkt, dass er sieben Jahre brauchte, um das Vertrauen dieses traumatisierten Hundes zu gewinnen.

Der Hundeflüsterer

Jeffs Mutter erzählte immer, dass nicht sie, sondern die damalige Haushündin sich hauptsächlich um Jeff gekümmert habe. Offenbar verstand die Hündin es sogar, seine Wiege zu schaukeln, wenn er weinte. „Yes, I was raised by a dog“, freut er sich. Vielleicht erklärt das seinen guten Draht zu Hunden?

Hunde und Helfer bei Jeff Ariffin
Jeff Ariffin: „14 dogs, 14 different traumas.“

Man kann jedenfalls nicht abstreiten, dass Jeff eine sehr enge Beziehung zu seinen Hunden hat. Sie vertrauen ihm, da er sich so lange mit ihnen beschäftigt hat. Doch er löst mit Beharrlichkeit nicht nur die Traumata der Tiere auf. Auch Menschen, die etwa durch einen Hundebiss permanent Angst vor den Vierbeinern haben, weiß er zu helfen. Vor allem aber kann jeder, der sich auf Jeff einlässt, eine Menge über das Verhalten von Tieren lernen. „People who stay at my house will not only know a lot about Langkawi when they go. They will leave with some knowledge, and that’s the most important thing.“

Wie kann man Jeff helfen?

Die einfachste Variante, Jeff unter die Arme zu greifen, ist bei ihm unterzukommen (Home Away From Home, C-5, Kampung Bendang Baru, Mukim Kuah, 07000 Langkawi (Kuah Town), ☎ +60 13 500 1522, jeffarrifin@yahoo.com). Da man jedoch gewissermaßen mitten im Rudel schläft, muss man hierfür aber wirklich ein Hundefreund sein!

Wer einen Schritt weitergehen möchte, der nutzt seine Zeit vor Ort, um Jeff bei der Versorgung der Tempelhunde zu helfen. Owen und Dakota etwa, die das seit vier Monaten machen, schwören darauf!

Und wer nach dieser Geschichte einfach fühlt, dass er den Hunden von Langkawi jetzt und sofort helfen möchte, der kann auf Jeffs Crowdfunding-Seite für Futter, Medikamente und Ähnliches spenden.

Jeff, der Hundeflüsterer, lebt auf der malaysischen Insel Langkawi, dem ‚Juwel von Kedah‘. Außer Hunden gibt es hier Strände, viel Natur und ein wahnsinnig entspanntes Insel-Leben.

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