Lost in translation – Missverständnisse in Laos

Aus dem Archiv: Aufzeichnungen über Gespräche in Laos.

Gespräche – falls man sie so nennen will – , die man als Tourist mit Laoten auf dem Land führt, zeichnen sich durch Einfachheit aus, und sind gewöhnlich gespickt von Missverständnissen.

Laos: Seltsames Gefährt im Norden von Laos

Unterwegs auf Strassen in Laos, wird man meist von allen Seiten, ja sogar von oben und unten, zunächst mit einem freundlichen „Hello!“ angeschrien. Darauf folgt dann, völlig unabhängig von Tageszeit und Alter des Gesprächspartners, in vielen Fällen die Aufforderung „Dring bia!“ (=“Drink Beer“, Anm. d. Red.), der ich, stets darauf bedacht, die örtlichen Gesetze des Anstands zu wahren, in der Regel nachzukommen pflege. Nähme ich jedoch alle Einladungen zum Konsum des Laos eigenen, sehr delikaten Gebräus Beerlao an; ich käme wohl weder mehr zum Essen noch zum Schlafen, geschweige denn zum Arbeiten.

Mitunter entstehen durch meine völlige Unzulänglichkeit im Laotischen, sowie die laotische Improvisationskunst im Englischen recht unterhaltsame Kleinode von Konversationen, die ich wünschte, aufgezeichnet zu haben, um sie immer und immer wieder genießen zu können.

Laos: Strassenszene mit Oldtimer in Luang Prabang

Ein anschauliches Beispiel:

Mitten in einem kleinen Dorf passiere ich auf meinem Fahrrad einen Mann mittleren Alters, der, seinen Klamotten nach zu urteilen, ein Lokalmathador des laotischen Hip Hop zu sein scheint. Kleiderordnung, Haltung und Gang erinnern an RunDMC der späten 80er Jahre. Ein breites, sicherlich jedoch nicht mit weissender Zahncreme behandeltes Lächeln darbietend, winkt er mich energisch zu sich heran. Da ich nichts Besseres zu tun habe, folge ich seiner Aufforderung, die ohnehin keinen Widerspruch zulässt, und begrüsse ihn auf Laotisch, womit ich bereits eines der 7 Wörter preisgegeben habe, die ich in der Landessprache beherrsche.

„Hello“, sagt er, und schüttelt mir derart ungestüm die Hand, dass auch noch mein Fahrrad davon erbebt.

Dann sagt er etwas, das ich nicht verstehe. Wie international üblich, nimmt er das zum Anlass, es einfach noch mal, nur diesmal etwas langsamer, dafür aber wesentlich lauter zu sagen, was ich wiederum nur mit hochgezogenen Schultern quittieren kann. Seinen folgenden ausschweifenden Gesten entnehme ich jedoch, dass das Ziel meines kleinen Ausfluges offenbar das ist, was er mit seiner Frage herauszufinden trachtet. Ich kontere mit einer langsam und deutlich ausgesprochenen Gegenfrage: „Is this the way to the bridge?“, freilich wissend, dass die Chancen auf ein Verstehen seinerseits nicht sonderlich vielversprechend sind.

Doch er verblüfft mich – kurz:
„Yes!“, ueberschlägt er sich fast. „Yes! Fridge, fridge!“
Haltung bewahrend, versichere ich ihm, dass ‚fridge’ durchaus auch ein ernstzunehmendes Ziel für mich darstelle, und freue mich gleichsam ungehalten mit ihm. Schnell sind wir nurmehr ein einziges grosses Schulterklopfen und Um-die-Wette-Lächeln, beiderseits untermalt von Freude signalisierenden Grunzlauten, die man sonst vermutlich dem Tierreich zurechnen würde.

Eine Millisekunde Ungewissheit in seinem Gesicht wird abgelöst von einem neuen Gefühlsausbruch: „Happy new year!“, sprudelt es aus ihm hervor. Wir haben Mitte April.

Ich wünsche ihm ein ebensolches, und beginne mich zu fragen, ob wir diese Unterhaltung wohl noch erheblich zu vertiefen in der Lage sein werden. Als ich dies für eher unwahrscheinlich befunden habe, entschliesse ich mich zur Weiterfahrt durch Laos, und verabschiede mich freundlich, aber entschlossen. Weitere Laute der Zustimmung von sich gebend – seine Hände ein einziger Wirbel vor und über seinem Kopf – sagt er wieder etwas, das ich nicht verstehe.

Als ich schon ein Stückchen weiter bin, scheint ihm die Übersetzung urplötzlich wieder einzufallen. „Hello, hello“, ruft er mir zu, und winkt mir freudestrahlend zum Abschied. Ausser Acht lassend, dass es negative Lerneffekte für ihn, sowie eventuell für ganz Laos nach sich ziehen könnte, stimme ich ein in den Kanon, und schreie meinerseits ebenfalls aus vollem Halse „Hello, hello“.

Während er weiter Bewegungen grosser Freude aufführt – tanzt, möchte man fast meinen – sehe ich ihn immer kleiner und kleiner werden, wobei mich von vorne schon erneute „Hello, hello“ – Rufe ereilen, nun vermutlich wieder in ihrem allseits bekannten Kontext verwendet. Sehnlichst warte ich auf die unvermeidliche Aufforderung, denn jetzt bin ich wirklich reif für einen grossen Schluck Bier!

Sehr schön an dieser Stelle vielleicht noch zu erwähnen ein Schild an einem Kühlschrank in Thailand: „No alcohol today because of local erections.“ Damit dürfte dann wohl alles gesagt sein.

Eine Menge mehr Fotos zum Thema ‚Lost in translation‘ hier in meiner Sammlung!

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