Görliwood – Die sehenswerte Filmstadt Görlitz

Görliwood Postkarte - gar nicht so leicht zu finden

Nein, es ist nicht so, dass man schon von Weitem vom Schriftzug ‚Görliwood‘ auf dem Hügel begrüßt wird. Um ehrlich zu sein, gibt es ihn eigentlich nur auf Postkarten. Und auch sonst muss man nach den Spuren des Filmbooms der letzten Jahre erst mal ein wenig suchen. Noch! Denn mit der Sicherung des Markennamens ‚Görliwood‘ hat die Stadt Görlitz genau das Richtige getan, um sich neu zu positionieren und von den internationalen Produktionen vor Ort zu profitieren.

Görliwood – was hat es damit auf sich?

Die Stadt Görlitz ist Deutschlands östlichste Stadt und sein größtes Flächendenkmal. Im zweiten Weltkrieg kaum beschädigt, bietet sie heute 4000 (!) restaurierte Baudenkmäler aus Spätgotik, Renaissance, Barock, Jugendstil und Gründerzeit. Ein faszinierendes Gesamtkunstwerk!

Kirchtürme, Häuser und Schaufenster in Görlitz
Im Uhrzeigersinn: Die Tram, ein beliebtes Motiv; eine von vielen hübschen Fassaden; auch Kirchen gibt es zahlreiche; Blick auf Görlitz von Polen

Schon seit den 50er Jahren filmerprobt, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch Hollywood die Vorzüge der Stadt für sich entdecken würde. Ich als Location Scout und Filmschaffender kann sagen, dass in den letzten Jahren sehr viele große internationale Produktionen in Deutschland verwirklicht wurden. Aus dem einfachen Grund, da man hier oft keine Kulisse nachbauen muss, denn das Original dessen, was man benötigt, steht oftmals noch da.

Wie Görlitz zu Görliwood wurde

Im Laufe der letzten zehn Jahre wurden dermaßen viele große Filmprojekte in Görlitz umgesetzt, dass man schon von einem Boom sprechen kann. Besonders amerikanische Produktionen pilgern in immer kürzeren Intervallen in das malerische Städtchen. Görlitz hat mittlerweile schon New York, Berlin, Könisberg, Venedig und Paris verkörpert. Hier ein paar berühmte Beispiele von Filmen, die mindestens teilweise im entzückenden Städtchen Görlitz entstanden sind:

  • In 80 Tagen um die Welt
  • Der Vorleser
  • Inglourious Basterds
  • Die Vermessung der Welt
  • Goethe
  • Der Turm
  • The Grand Budapest Hotel
  • Die Bücherdiebin
  • The Monuments Men

Nachdem man in letzter Zeit ständig Jude Law im Fitnessstudio, Ralph Fiennes auf dem Marktplatz und Jackie Chan beim Bäcker traf, lag es nah, dass Görlitz einen neuen Spitznamen brauchte: Der nicht so elegante, doch nach einigem Aussprechen durchaus einprägsame Begriff ‚Görliwood‘ war geboren! Und mit ihm die Idee, Besuchern die Filmschauplätze näherzubringen.

Außen- und Innenansichten aus dem Film The Grand Budapest Hotel in Görliwood
The Grand Budapest Hotel: Fast ausschließlich in Görlitz gedreht, wie etwa am Obermarkt (o.l.). Die Innenszenen entstanden im bis vor kurzem leerstehenden Jugendstilwarenhaus (u.); in einem Schaufenster eines Kioskes sieht man auf einer Flasche, was Wes Andersons Set-Designer aus dem Interieur herausgeholt haben (o.r:).

Görliwood für Einsteiger

In Görlitz weiss fast jeder eine Hollywood-Geschichte zu erzählen. Nicht zuletzt, weil viele der Einwohner schon als Komparsen in einem Film dabei waren. Doch sucht man nach genaueren Informationen zum Wo und Wann, sieht die Sache tatsächlich schon etwas schwieriger aus.

Bevor auch Du lange suchst: In einer der zwei Touristen-Infos am Obermarkt (Nr.32) gibt es Informationen; es ist die linke. Die andere bietet zwar geführte Filmtouren an, das aber so selten, dass man seinen Trip nach Görlitz schon nach deren Terminen planen muss. In der linken Touristen-Information jedenfalls gibt es die beliebten Postkarten mit Görliwood-Druck sowie eine tolle Stadtkarte, auf der alle wichtigen Drehorte vermerkt sind. Die Infos sind auch online verfügbar.

Blick auf den Untermarkt in Görliwood
Einer der beliebtesten Drehorte in Görlitz: der Untermarkt. Inglourious basterds, anyone? Jackie Chan hat hier auch schon rumgestanden.

Mit der Karte in der Hand kann man sich sodann durch die Altstadt von Görlitz suchen, es hat etwas von einer faszinierenden Schnitzeljagd. Oft wüsste man jedoch gerne mehr darüber, welche Szene genau am jeweiligen Ort entstand. Für solche Hintergrundinformationen ist dann vermutlich doch die Filmtour aufschlussreicher. Doch strengt man seine Fantasie ein wenig an, so kommt man auch selbst auf die jeweiligen Szenen.

Für ‚In 80 Tagen um die Welt‘ wurde die Altstadt in das Paris des 19. Jahrhunderts und eine alte Brauerei in den Hafen von New York verwandelt. Für andere Produktionen erschuf man mit Hilfe von Kunstschnee mitten im Sommer eine winterliche Szenerie in Görliwood. In puncto Staraufgebot jedoch setzte Wes Anderson mit seinem Film ‚The Grand Budapest Hotel‘ neue Maßstäbe. Gerüchte besagen, dass es fast unmöglich war, keinem der vielen Stars über den Weg zu laufen!

Blick auf die Stadthalle von Görlitz
Nicht so leicht zu finden: Die leerstehende Stadthalle am Park. Auch hier hat Wes Anderson gedreht.

Ein Besuch in Görlitz ist besonders spannend, wenn man sich die relevanten Filme kurz vorher noch mal angesehen hat. Aber auch sonst weiß die Stadt an allen Ecken durch hübsche Details zu verzücken – verzierte Fassaden, kunstvolle Gewölbe und bemalte Decken bewirken, dass man die Kamera gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.

Wasserturm, Strassenszene und Postkarte in Görliwood
Türme, DDR-Memorabilia und wundervolle Gebäude aus vielen Epochen: Das ist Görlitz!

Ein letzter Tip: Ausflug Polen

Blick von Görliwood nach Polen
Blick über die Neisse nach Polen

Da man sich ja nun mal schon direkt an der Grenze befindet, sollte man auf jeden Fall auch mal schnell rüber nach Polen hüpfen. Die Neisse bildet die Grenze, aber in Zeiten einer grenzfreien EU kann man einfach ohne Kontrollen über die Brücken hinüberspazieren. Viele Menschen kommen wegen der Nachtclubs und billigen Zigaretten, aber die jetzt Zgorzelec heißende Stadt hat wahrlich mehr zu bieten als das. Früher gehörte auch alles östlich der Neisse mit zu Görlitz und so lässt sich hier auch einiges an beeindruckender Architektur entdecken.

Häuser in Polen und Blick auf die Neisse
Eindrücke aus Polen: Ein großes Kunstwerk an der Neisse; einer von zahlreichen ‚Nightclubs‘; die Neisse mit Sonnenuntergang; architektonische Überraschungen.

Besonders empfehlenswert ist auch ein Abendessen in einem der Restaurants am Flussufer. Das Essen ist gut und erschwinglich (auch in Euro zahlbar), die Leute sind sehr freundlich und der Blick auf den Sonnenuntergang über Görlitz ist unbezahlbar!

Sonnenuntergang über Görliwood
Die Sonne versinkt über Görlitz

Und hier noch ein aufschlussreicher Artikel im Tagesspiegel, der auch die Schattenseiten des neuen Görliwood beleuchtet.

A propos Kino: Kennt Ihr schon die Erlebnisse meines Tages als Komparse in Bollywood, an der Seite von Sharukh Khan? Lest die Geschichte hier!

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